PLATTDEUTSCH
IM HERZEN VON WESTFALEN

Die "evangelischen Kartoffeln"

Im ersten Weltkrieg verkündete der Pastor Johannes Schulte von der Kanzel:
"Vergesst die Soldaten an der Front nicht! Sie haben viel mehr auszuhalten, als wir alle!"

Er selbst aber gab das beste Beispiel: Er hat gefastet und sich mit Steckrüben und Kartoffeln beholfen. Kartoffeln seien seine Lieblingsspeise, hieß es.

Zur Pfarrei in Körbecke gehörte schon damals ein Bauernhof mit 120 Morgen Ackerland und Wiesen.
Die Pächter des Hofes hätten ihren Pastor in der schweren Zeit leicht mit dem Nötigsten versorgen können. Zu ihnen ging der Pastor aber nicht.
Schulte machte sich auf den Weg nach Stockum zu einem evangelischen Bauern und erkundigte sich dort nach Kartoffeln.

Der Bauer sagte: "Gärne, Här Pastäoer!" und brachte ihm gleich zwei Säcke voll Kartoffeln in den Keller.

Am nächsten Sonntagmorgen schon predigte der große Pastor über die Kartoffeln:
"Es war einmal ein katholischer Pastor, der lebte in einer großen Pfarrgemeinde mit vielen dicken Bauern. Dieser katholische Pastor aß so gerne Kartoffeln und hätte in der schlimmen Zeit gerne ein paar Kartoffeln gehabt. Da dachte er bei sich, er hätte von seinen Bauern welche bekommen und lief von Pontius nach Pilatus, konnte aber keine kriegen. Schließlich kam er zu einem evangelischen Bauern, und der brachte ihm gleich zwei Säcke voll.
Nun muss dieser Katholische Pastor "evangelische Kartoffeln" essen, bleibt aber Euer Pastor in Ewigkeit. Amen!"


aus dem Buch: „Pastöre im Kirchspiel Körbecke“